Es gibt so Abende... vor allem jene, wenn ich gerade aus Berlin vom "Brotjob" komme, in Prerow fix Auto gegen Rad tausche und schnell an den Weststrand radel... die machen mich beim Ankommen am Meer schon sprachlos... ehrfürchtig... dankbar... und sehr neugierig auf das, was mich wohl heute erwartet. Der Strand wird wie jedes Mal ein anderes Gesicht zeigen. So viel ist sicher. Alles andere, vor allem ob und was ich finden werde, ist offen.
Sind die zwei Wracks noch da? In welchen Positionen dieses Mal und wie vollständig, wenn dann? Immerhin habe ich sie schon in sämtlichen Lagen gesehen seit unserem "ersten Mal" und beide sind bedeutend geschrumpft. Viele Interessenten brachen oder sägten sich Stücke ab. Die Archäologen haben die Wracküberreste dokumentiert, aber nicht geborgen. In der Fülle der Wracks und wegen der komplizierten Archivierung überlässt man sie dann doch lieber Strand und Meer. Lässt sie in ihrer Umgebung, für die sie einst geschaffen wurden.
So (hier) fand ich Wrack Nr. 1 im letzten Dezember erstmalig und beide im März so (hier).
Seit dem gehören sie zum Weststrand und ich besuche sie, wann immer ich kann. Irgendwie haben sie eine eigene Magie und hin und wieder lasse ich sie in meiner Fantasie zu Wasser und davon segeln - wie sahen sie wohl in voller Pracht aus?
Aber für jetzt stelle ich leider erst einmal wieder fest: schon wieder geschrumpft! Was der Sand nicht begrub, wurde zu großen Teilen abgebrochen.
Außerdem sind noch viele Strandgäste in viel zu buntem Equipment da.
Das ist jetzt irgendwie nicht das Ankommen, was ich mir erhoffte und was ich sonst so liebe.
Entschleunigung und Erwartungsablage will geübt sein. Ohhhhmmmm...
Ich laufe einfach... es gibt ohnehin keine Steine und auch sonst scheinbar wenig zu suchen und zu finden... also jedenfalls nicht zu meinen Füßen.
Ich komme zu einer Strandburg der anderen Art - das Holz nicht quer gelegt, sondern mal fast ausschliesslich hochkant drapiert und wunderbar im Einklang mit dem Drumherum, toll, da will ich hin und reiße vor Aufregung die Fotohände nach oben.
Ich komme langsam an... in diesem Abend am Meer. Herrlich. Glücksmoment. Ich fühle die Euphorie der Erbauer dieses Kleinods. Ihre emsige Suche nach den Hölzern, die sie dann so liebevoll drapierten. Vielleicht Kinder auch mit dabei? Oder waren sie für das "Lagerfeuer" im Vordergrund zuständig?
Auf alle Fälle erfreue ich mich nun sehr an diesem Sammelsurium und tauche ein in das kleine Universum auf meinem Weg zu Wrack zwei.
Setze mich in den warmen Sand und schaue einfach nur der sinkenden Abendsonne entgegen.
Geniesse die Schattenspiele um mich und reflektiere meinen eigenen. Ankommen im Hier und Jetzt. Holz und Meer duften in der warmen Luft. Hätte ich jetzt etwas zu essen dabei, es wäre wohl köstlich wie sonst kaum.
...und da ist es! Wrack Nr. 2! Ziemlich besägt und übersandet.
Aber noch da und damit ein so wohliges Gefühl, wie es auch das immer wärmer werdende Sonnenlicht mir zunehmend schenkt. Außerdem bin ich inzwischen allein am Strand und geniesse das einfache Sein absolut.
Die Wellen platschen zaghaft an den Strand, sonst ist da nichts. Ruhe. Keine Möven, keine Krähen, nur die Stille, nach der ich mich so sehnte.
Das Wrackfragment sicher geborgen unterm Sand im goldenen Abendlicht - ich fühle mich gerade ebenso geborgen.
Und staune glücklich über das sich rasant ändernde Licht und das damit verbundene Schauspiel...