· 

Neugier - Mut - DAS Erlebnis - Mut - respektvoll Erlebtes verstehen

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin heute Morgen in den Wald gejoggt. Ziel: einfach treiben lassen. Vielleicht wie gewöhnlich ans Meer. Planlos. Der ergibt sich dann schon im Laufen. Ein wunderbarer Vorteil vom Alleinlaufen nach Intuition. Nichts diskutieren müssen. Nur laufen. Heute immer geradeaus durch den Darßwald. Stop erst vor diesen Birken. Weiter gerade hieße: neuer Weg - eher Hindernislauf - verboten, weil absolute Nationalpark-Kernzone. Hm. Ewige Neugier. Sie treibt mich weiter. Weiter gerade nach Vorn...  

 

 

Weiter nach Vorn... nicht nach rechts oder links abbiegen, NEIN! Gerade Linie nach Vorn. Tageslaune oder Tiefenpsychologie... lasse ich hier unkommentiert. Schließlich gehört nicht alles ins www ;-)

Aber meine Neugier und welche mitunter unglaublichen Erlebnisse sie mir auf diesem FDZ schenkt, gehört genau hier her! 

 

Die umgestürzten Bäume drosseln mein Tempo schlagartig und das ist gut so. Jeder Schritt bekommt seine volle Aufmerksamkeit und jedes Geräusch um mich ist viel wichtiger, als das meine. Immerhin betrete ich ein Terrain, welches nicht für mich bestimmt ist. 

Kribbeln. Entdeckergeist hellwach. Sonnenschein im beinahe laublosen Wald. In den Wipfeln Wind. Ein herrliches Rauschen. Für mich unten noch nichts vom angekündigten Sturm "Sabine" merkbar. Hier die üblichen Waldgeräusche. Vögel zwitschern. Spechte bepicken Baumstämme. Eichhörnchen schwingen sich hier und da in die Höhe und von da wieder herab oder tanzen über die Äste von Baum zu Baum. Frieden. Total. Und ich ganz leise mittendrin. Vorsichtig über jeden einzelnen Stamm steigend. Mag sehr, was ich tue. Atme die duftende Waldluft tief ein. 

 

Dann lautes Rascheln von links. Rasant. Durch's hohe, zwar abgestorbene, aber noch ziemlich hoch stehende Farn vom letzten Jahr. 

Schockstarre.

Wir beide.

Tiefer Augenkontakt.

Etwa 15m vor mir, getrennt durch zwei weitere Bäume über'm Weg, eine WildschweinMama. 

Sie findet ihre Fassung zuerst wieder und rennt weiter nach rechts.

Vier Halbstarke folgen. 

Ohne Blickkontakt. 

 

WOW.

Ich bleibe noch eine gefühlte Ewigkeit stehen. Nicht mehr starr. Eher extrem ehrfürchtig. 

Einer meiner Wünsche: die Tiere des Darßwaldes respektvoll in der Nähe zu treffen. 

Kann es kaum fassen.

Wunscherfüllung.

Keine Angst.

Frage mich, wie so ein Angriff aussieht, vor dem allseits gewarnt wird. Ich weiß nicht, wie ich mich, außer im absoluten Stillstand mit Atemanhalten, benehmen soll. Habe mich darauf verlassen, dass ich ehrlich friedlich rüber komme. Bei der Mutter und den Halbwüchsigen. 

Aber mein Glück ist wahrscheinlich genau auch die Halbwüchsigkeit. Meine vermeintliche Bedrohung nicht so groß, wie in Kleinschweinzeiten. 

 

Weitergehen oder Rückzug? 

Gehe nach gründlicher Überlegung davon aus, dass sie weiter rechtswärts gezogen sind, deshalb hatten sie schliesslich den Weg überquert. 

Denkt der strategische Teil in mir zumindest. 

Der noch immer und ewig neugierige will nun erst recht und noch mehr wissen und läuft weiter.

Immer geradeaus. Im Frieden und der Glückseligkeit über DAS Erlebnis... 

 

Bis zu einer großen vertikal stehenden Baumwurzel rechts, bereits völlig überwachsen, der Baum dazu liegt auch wieder quer über dem Weg. 

Plötzlich ein mir inzwischen bekanntes Rascheln hinter der Wurzel... keine so große Überraschung mehr, wie vorhin... Mama schießt wie ein geölter Blitz den Weg nach vorn und nun links in den Wald. 

Ich schlage schlagartig wieder Wurzeln und bin nur Teil des Waldes. Bin Null Gefahr. Und sehe auch für mich keine Gefahr. Nach einer Weile fühlen sich die Halbwüchsigen sicher genug, ebenso blitzartig der Mama zu folgen.

 

Und ich folge meiner Intuition, dass ich dieses Terrain zu verlassen habe. Ebenso leise, wie ich kam. Aber klar, dass die Tiere mich wahrnehmen. Auf ganz anderen Ebenen. Und dass sie schon längst wissen, dass ich da bin, auch wenn ich nicht mal den Schimmer einer Ahnung von ihnen habe. 

 

Ich war in dieses verbotene Terrain eingedrungen, weil ich neugierig bin. 

Und weil ich seit geraumer Zeit bewusst meinen Mut trainiere. Um meine Komfortzone immer weiter zu weiten, weil die geschaffene mir nicht gut tat.  

Weil ich eh ein Problem mit Verboten habe... bzw. mich die Dinge hinter den Verboten oft zu sehr interessieren, als dass ich sie immer achten könnte. Wobei ich nie achtlos bin in meinem Erforscherdrang. 

Nun ziehe ich mich hier zurück und verstehe eines ganz klipp-und-klar!! 
DIESE verbotene Zone hier ist ganz wichtig! Sehr fühlbar wichtig.

All das, was ich heute hier erlebte - von tiefem Interesse an neuen Wegen über das Gefühl, ein Eindringling zu sein bis hin zu ganz dollem Respekt vor all den Tieren und den Einrichtern=Verteidigern dieser Kernzone - möchte ich gar nicht missen. 

Ich hatte den Mut, einen mir unbekannten Weg in nächster Nähe zu gehen. Ohne Plan, ohne Karte. Raus aus der bekannten, gut und sicher angelegten Komfortzone.

Ich wurde dafür mit DEM Erlebnis belohnt, von welchem ich unter anderem schon so lange träumte.

Und!! Es ist!! Nichts passiert!!

 

Ja!

Ich habe mein "neue Wege gehen Bedürfnis" mit ihnen befriedigt.

Wir haben uns gegenseitig erschreckt. Wir hatten jeweils Angst. Oder beide Mut. Sie hätten ja auch in ihrer Deckung bleiben können.

Aber wir stellten uns irgendwie gegenseitig. 

Vielleicht waren sie auch wütend... während ich mein Glück genoss.

Fakt: ich weiß das alles nicht.

Aber auch Fakt: ich durfte eine weitere Lektion in Vertrauen lernen.

Sie vielleicht auch. Womit ich nicht behaupten möchte, dass sie vertrauen sollen. 

Im Gegenteil.

Alles ist gut so, wie es ist. 

"Sabine" tobt sich inzwischen so richtig aus... auch hier ist Vertrauen angesagt. Die Natur nimmt stetig weiter ihren Lauf. 

 

>> Mut und Vertrauen in neue Wege heute Morgen vor dem Joggen auch erst wunderbar getriggert vom inspirierenden

 "maaS-Magazin Nr.12 MUT" - von Anita Maas