Manchmal ist das Leben wunderbar.
Manchmal genau das Gegenteil.
Grandios der Moment, in dem die ganze Palette einen Sinn ergibt.
Und so sehe ich diesen Sonnenuntergang an dem einen Ende der Insel in Wustrow und träume vom Brückenschlag.
Wohin auch immer.
Das haben ja so gegenteilig-wunderbar Zeiten an sich, dass der Weg nicht so klar ist.
Bis er plötzlich wieder aufploppt.
Gerne mal in Form einer ergreifenden Ausstellung!
Zum Beispiel der von Armin Mueller-Stahl "Wendepunkte" im Heimatmuseum Zingst am anderen Inselende.
Die hat mich sehr beeindruckt.
Wahrscheinlich, weil sie Miniausschnitte eines Lebenswerkes zeigt, was mich, ohne es leider wirklich umfassend zu kennen, sehr fesselt.
Armin Mueller-Stahl
am 17. Dezember 1930 in Tilsit / Ostpreußen geboren, lebt bis heute ein von Kunst(schaffen) bewegtes Leben mit vielen Wendepunkten. Zuhause an der Lübecker Bucht oder nahe Los Angeles.
Ein von vielen Stützen getragenes Leben. Eines mit vielen künstlerischen Talenten. Zuerst träumt er davon, Geiger zu werden, studiert es in Berlin und schließt als Musiklehrer ab. Der danach begonnene Schauspielunterricht scheitert an "mangelnder Begabung". 1952 bekommt er dennoch ein Engagement am Berliner Theater am Schiffbauerdamm und 1955 beginnt seine Karriere als Film- und Fernsehschauspieler. Er wird der meistbeschäftigste und bestbezahlteste Schauspieler der DDR. Mit seiner Unterschrift gegen die Ausbürgerung Biermanns 1976 wird er vom DDR-Regime fortan boykottiert und verarbeitet diesen schmerzlichen Karrierezusammenbruch schriftstellerisch im Roman "Verordneter Sonntag".
1979 verläßt er selber die DDR und schauspielt erfolgreich in West-Berlin weiter. 1987 bekommt er ein Engagement in Amerika und drei Jahre später gelingt ihm der Durchbruch in Hollywood inclusive vier Oscar-Nominierungen.
Er beginnt die Malerei früh und hat 2017 mit einem 60jährigen Schaffenswerk seine erste Ausstellung als Maler und Grafiker in Berlin. Seither folgten viele weitere - bis zu dieser jetzt hier im Zingster Museum, welches eigens für die Präsentation mit Stellwänden etwas umgebaut wurde.
Es ist dieser lockere Strich, der mich sofort in seinen Bann zieht. Gekonnt Linie für Linie gesetzt. Wahnsinnig ausdrucksstark. Lithografien, Radierungen / Aquatinta, Giclée-Prints und Originale, auch in Öl. Teilweise mehrfarbig gedruckt oder coloriert. Die Bandbreite ist groß. Von Portraits namhafter Persönlichkeiten wie zum Beispiel Leonardo da Vinci, Thomas Mann, Marlene Dietrich oder Putin bis hin zum Selbstportrait mit Geige, die er bis heute virtuos beherrscht. Und dann eher Gesichtslos abstrahierte Figuren, zum Teil auch große Gemälde. Kein Portrait schaut den Betrachter direkt an. Verblüffende Ähnlichkeiten und gerade Papst Johannes Paul II strahlt viel Authentizität aus. Über ihm hängt der verschmitzt bis hinterhältig drein grinsende Berlusconi. So, wie Mueller-Stahl sich perfekt in seine Schauspielrollen fand, so perfekt erfasst er das Wesen seiner bildlich dargestellten Akteure quer durch sämtliche Zeitepochen und Genre. Ob Don Quijote und Sancho Panza auf Pferd und Esel oder Bob Dylan umringt von Musikern oder Nelson Mandela. Selbst auf den ersten Blick unvollendete Zeichnungen zeigen ein kraftvolles Ganzes.
Aktuell zu sehen ist der erste Teil der zweiteiligen Schau und der Katalog hierzu ist auch besonders originell: Teil I endet mit dem Gedicht Mueller-Stahls "Ick bin schon gaukler über fuffzij jahr / Bin tragöde bin der narr / Bin der bettler bin der kennij / Und ick weene ma een wenij / Wenn de leute jlücklich sind."
Für den zweiten Teil vom Katalog und der Ausstellung, der ab 21. Juli zu sehen sein wird, bitte das Buch einmal drehen. Schön gemacht!
Zur Eröffnung am Gründonnerstag war er, wie ich, nicht persönlich da - er wohl aus Altersgründen, wie die freundliche Museumsmitarbeiterin mir sagte.
Kuratiert und zusammengestellt wurde die Ausstellung von Museumsleiterin Susanne Stiehler und Günter Christiansen mit Ehefrau Ina Handelmann vom "Kunstraum Wasserwerk" in Glowe auf Rügen.
Stiehler erlebte die größte Armin Mueller-Stahl Ausstellung Deutschlands 2017 in Prora, ebenfalls kuratiert von Christiansen und nun konnte sie Mueller-Stahl nach Zingst holen.
Prima! Nicht nur ich freue mich sehr über diese greifbare Horizonterweiterung und Animation, auch ein Lebenswerk zu schaffen...
Der erste Teil der Ausstellung ist noch bis 20. Juli zu sehen, der zweite Teil dann bis 2.11.2019